Alternative Geldexperimente und Reformansätze
Revolution von unten?

“Die Post ist privatisiert worden, die Telekom und die Bahn. Als Nächstes sind die Währungen dran. (…) Der Durchbruch wird erfolgen, sobald wir verstehen, dass Geld – ebenso wie Autos, Kühlschränke oder Gold – eine Ware ist.”
John Naisbitt (Zukunftsforscher)
Am 19.04.2007 wurde auf dem Internetportal www.goldseiten.de folgender Artikel veröffentlicht. Dessen Fragestellung ist heute aktueller denn je. Die Kritik am bestehenden Geld- und Wirtschaftsystem hat eine nie dagewesene Aufmerksamkeit erreicht, dass man nicht mehr um dieses Thema herumkommt. Heute müsste man natürlich die Modern Monetary Theory sowie den Boom bei den Digitalwährungen in die Analyse aufnehmen. Das werden wir sicherlich zu einem späteren Zeitpunkt auch machen.
Einführung
In den letzten Jahren ist die Akzeptanz des aktuellen Wirtschaftssystems aus mehreren Richtungen in starke Bedrängnis geraten. Vor allem das Geld- und Weltwährungssystem sieht sich durch die spekulativen Übertreibungen, die Verschuldungsproblematik der Dritten Welt, die global ebenfalls sehr hohe Staatsverschuldung in den Industrieländern, die Umweltdiskussion sowie verschiedene Währungs- und Börsenkrisen von Schwellen- und Industrieländern sehr starker Kritik gegenüber.
Wenn man diese Kritiker einordnen wollte, so sind dies einmal Sozialisten, Globalisierungsgegner, Mittelständler sowie Wissenschaftler bzw. Praktiker, die sich der österreichischen Tradition um die Geldtheorie Ludwig von Mises oder dem Ansatz von Friedrich August von Hayek verschrieben haben, sowie ein Kreis, der sich auf die Lehre von Silvio Gesell (1916) beruft. Weiterhin macht die debitistische Lehre von Paul C. Martin, die verwandte Eigentumstheorie des Wirtschaftens von Heinsohn und Steiger und der neue Wachstumsmarkt des “Islamic Bankings” von sich reden.
Überblick
Vor allem die ersten beiden Ansätze der Österreichischen Schule und der Freigeldlehre offenbaren liberale Lösungsansätze, die unter freiheitlichen Rahmenbedingungen durchaus Kombinationspotenzial aufweisen. Als Gemeinsamkeit ist zweifellos die Skepsis über die langfristige Stabilität des Geld- und Wirtschaftssystems in der aktuellen institutionellen Form zu konstatieren. Ansonsten gehen die Meinungen diametral auseinander.
Während die Anhänger Mises’ die Ursache für die ihrer Meinung nach schädliche zu hohe Liquiditätsmenge in erster Linie auf das staatliche Geldmonopol zurückführen und eine Wiederauflegung des disziplinierenden Goldstandards oder einen Währungswettbewerb fordern, sehen die “Gesellianer” das Problem der regelmäßig wiederkehrenden Wirtschaftskrisen in erster Linie im bestehenden Zinssystem, welches zu einer starken Geldhortung verleitet und zu einer “Wachstumsspirale” führt.
Historische Bewährungsproben
Dass beide Ansätze bereits einmal sehr gut funktioniert haben, kann man anhand mehrerer praktischer Beispiele sehen. So beruft man sich bei Gesell und seinen Anhängern auf historische Beispiele des mittelalterlichen Brakteatengeldes, verschiedene Papiergeldversuche oder auf das österreichische Wörgl-Experiment sowie auf die aktuellen Strömungen von erfolgreichen regionalen sowie sektoralen Komplementärwährungen wie das kanadische LET-System, die Schweizer Wirtschaftsring-Genossenschaft (WIR), das dänisch-schwedische J.A.K.-System, das deutsche “Chiemgauer-Geld” und die aus akademischen Kreisen entwickelte Bildungswährung “Saber” in Brasilien.
Auf österreichischer Seite erinnert man sich in erster Linie an die guten Erfahrungen mit dem Goldstandard zwischen 1871 und 1914, wo die Inflation über den Gesamtzeitraum gesehen konstant war, die steigenden Inflationsraten sowie die Hyperinflationen im 20. Jahrhundert des Papiergeldes und verweist aktuell nach dem Anstieg der Rohstoffpreise auf die Wiederentdeckung des Goldes als Anlage- und Geldform, das seit der “Erfindung” des Geldes vor mehreren Tausend Jahren nichts am Charakter als Krisenmetall verloren hat.
Freigeld und Regionalwährungen
Mittlerweile gibt es weltweit über 4.200 Regionalwährungen. Die Berichterstattungen darüber sind durchweg positiv. Im deutschsprachigen Raum sollen es bereits über 200 sein. Im deutschen Dachverband Regiogeld e.V. sind über 52 aufgelistet. Viele sind bereits wieder in Vorbereitung. So etwa die Hansemark für Hamburg.
Sehr stark scheinen die Regionalwährungen nach dem Crash von 1990 in Japan im Kommen zu sein. Aber auch in den USA existieren vielfältige Anstrengungen. Diese Währungen haben die unterschiedlichsten Konstruktionen und Ausrichtungen. Als Gemeinsamkeiten – kann man sagen – ist die Initiative zu sehen, den Globalisierungstendenzen eine lokale Gegenkraft entgegenzusetzen, um den Abfluss von Kapital ins Ausland zu verhindern und die regionale Gemeinschaft zu stärken. Oft sind auch Globalisierungsgegner oder Anthroposophen unter den Initiatoren. Argumente wie Umweltzerstörungen, ungerechte Vermögensverteilungen oder die Gefahr der Machtfunktion des staatlichen Geldes werden angesprochen. In erster Linie wird die Schuld am Zins festgemacht, der zum Wachstum zwingt, Ressourcenausbeutung hervorruft oder Vermögenskonzentration initiiert.
Die Ursprünge sind bei den Schriften von Proudant, Silvio Gesell oder Rudolf Steiner zu sehen. Während Gesell einen negativen Zins fordert und die Geldmengenentwicklung an einem Index festmachen wollte, spricht Steiner, ohne eine konkrete theoretische Begründung zu liefern, vom “alternden Geld” und sieht negative Zinsen skeptisch.
Das Zinsverbot bei den großen Weltreligionen
Die Diskussion über das Zinsverbot wurde bereits bei den großen Weltreligionen, dem Judentum im eigenen Volk, dem Christentum und dem Islam, geführt und war auch schon bei Platon, Aristoteles, Seneca oder Thomas von Aquino ein Thema. Für die christliche Kirche wurde das Zinsverbot erst 1983 aus dem Kodex des kanonischen Rechts gestrichen, nachdem die Kirche bereits seit dem 19. Jh. Angibt, keinen Spezialisten auf diesem Gebiet mehr zu besitzen, als man eine Stellungnahme von ihr einforderte.
Im Islam macht aktuell das “Islamic Banking”, ein neuer Megamarkt mit einem geschätzten Marktvolumen von 2,2 Mia. Dollar, von sich reden, bei dem das Zinsverbot in Verbindung mit der Untersagung einer Investition in Branchen wie Glücksspiel-, Erotik-, Tabak-, Schweinefleisch- und Alkoholindustrie umgesetzt wird. Mit ca. 1,5 Mia. potenziellen islamischen Kunden weltweit ein interessantes Geschäftsfeld. Nachdem registriert wurde, dass Koran-konformes Anlegen ein internationales Phänomen ist, gibt es nun auch den Dow Jones Islamic Market (DJIM) mit Aktien, die “halal” sind. Anlagen in Optionen, Futures, Derivate und Hedgefonds ist den gläubigen Moslems wegen des Glücksspielcharakters ebenfalls verboten.
Austro-liberale Ansätze
Auf der Seite der Austro-Liberalen sieht man nicht im Zinssystem oder in der Globalisierung ein Problem, sondern vielmehr in der Geldmonopolstellung des Staates und der hohen Liquiditätsentwicklung in den letzten Jahren. Dabei verweist man auch etwa auf die über 20 Hyperinflationen im 20. Jahrhundert als Folge des Papiergeldes. Diesem Anreizmechanismus auf Seiten der Regierung will man disziplinierende bzw. kontrollierende Instanzen entgegensetzen.
So wird zum einen die Rückkehr zu einem Goldstandard gefordert. Die psychologische Sicherheit einer Unterlegung einer Währung mit physischen Werten würde einerseits das Vertrauen stärken. Andererseits würde die Bindung an das Gold eine disziplinierende Wirkung hinsichtlich der konstatierten Liquiditätsflut für die geldpolitischen Entscheidungsträger ausüben. Der im Inland und im Ausland wirkende Goldautomatismus sollte sein übriges Vollbringen. Uneinig ist man sich hier allerdings über die exakte Ausgestaltung. So wird ein 100%-Goldstandard oder alternativ ein Fractional-Reserve-Banking, also eine Teilhinterlegung mit Gold, diskutiert.
“Denationalisationof Money” aus dem Jahr 1976. Durch die Abschaffung des Staatsmonopols über das Geld würde sein Vorschlag – die Einführung von konkurrierendem Privatgeld – einen Stabilitätswettbewerb zwischen verschiedenen Konsortien ermöglichen, deren Disziplinierung durch Gewinne der Emittenten gesichert werden sollte.
Einer dem Hayek-Vorschlag verwandte und mit gewissem Scharm auftretende Alternative machte einige Jahre später Hans F. Sennholz in seinem Werk “Money and Freedom” aus dem Jahr 1985. Er forderte dabei weder die Abschaffung der Papierwährungen und schon gar nicht die Auflösung der Zentralbanken. Ins Zentrum seines Ansatzes stellte er die Vertragsfreiheit. So sollen die Verträge nicht unter einen Zwang für nur eine Zahlart gestellt werden. Er könne sich Rohstoffkonten in vielfältiger Weise vorstellen, wie sie heute teilweise bereits existieren. Mit anderen Worten plädierte er für die Abschaffung des staatlichen Geldmonopols, räumte aber ein, dass der Staat weiter Geld emittieren und die Steuern durch das Staatsgeld eintreiben könne.
Durch diesen einfachen und auch praktikabelsten Mechanismus würde der Staat zu einer stabilitätsorientierten Geldpolitik diszipliniert und man könne ebenso Transaktionskosten sparen, sofern der Staat diese Rolle gut ausfüllt. Natürlich wird der Staat Interesse daran haben, wenn seine Steuereinnahmen in Form von stabilem Geld eintreffen und nicht vorher in anderen Währungen oder Edelmetallen gelagert werden, bevor man diese in weniger stabiles Staatsgeld umtauscht, um anschließend seine Steuern zu bezahlen.
Debitismus und Eigentumsökonomik
Der Debitismus bzw. die Eigentumsökonomik wird von Heinsohn und Steiger als Alternative zur gegenwärtigen Wirtschaftstheorie betrachtet und ist keine Geldreformbestrebung im praktischen Sinne. Sie geht auf die Arbeit von Gunnar Heinsohn (1984) zurück. Die Eigentumsökonomik betrachtet die Volkswirtschaft – entgegen der vorherrschenden neoklassischen Theorie nicht als Summe von Tauschgeschäften, sondern von Schuldverhältnissen. Sie formulieren somit eine Theorie der Eigentumswirtschaft bzw. ein (Privat-) Eigentumsparadigma. In erster Linie ist die Eigentumsökonomik der Ansicht, dass die traditionellen ökonomischen Theorien ausschließlich Produktionstheorien sind und dass sie die erste Wirtschaftstheorie ist. Die Existenzsicherung vollzieht sich eben nicht durch ausschließliche Produktion von Gütern und deren Verteilung, sondern vielmehr durch individuelle Vermögensakkumulation.
So liegt für ihre Vertreter der entscheidende Punkt bei der Unterscheidung zwischen Eigentum (rechtliche Beherrschung) und Besitz (materielle Beherrschung). Wichtig ist, dass Eigentum in der bürgerlichen Gesellschaft als Rechtstitel künstlich geschaffen wurde, wobei der Besitztitel dem Eigentumstitel übergeordnet ist. Während dem Besitzer zwar das Recht auf Nutzung, Fruchtziehung oder Veränderung, beispielsweise im Miet- oder Pachtvertrag, zugestanden wird, stellt Eigentum die Haftung des Eigentümers mit seinem Vermögen als Sicherheitspfand, um Kredit zu erhalten (Beleihung, Verpfändung und Veräußerung), sofern der Gläubiger auf die sichere Einklagbarkeit seiner Rechtsansprüche durch z. B. staatliche Institutionen vertrauen kann.
Die historische Fundierung der Theorie kommt nun dadurch zum Ausdruck, dass entgegen der traditionelle Theorie berücksichtigt wird, dass nach der Stammes- und Feudalgesellschaft und einer Existenzabsicherung durch Moralvorstellungen, Sitten und hierarchische Produktionsstrukturen in der heutigen bürgerlichen Gesellschaft Vertragsbeziehungen vorherrschen, die zum Wirtschaften mit Eigentum und einer Vermögenshaftung führen. So wird geschlussfolgert, dass zu Beginn eines jeden wirtschaftlichen Aufschwungs – historisch gesehen – immer die Etablierung von Eigentumsinstitutionen vollzogen wurde.
Der Bogen zum Geld wird nun dadurch gespannt, indem davon ausgegangen wird, dass durch die Eigentumskonstitution erst Zins und Geld entstehen kann. Das Postulat der klassischen Dichotomie, also der Geldschleier bzw. die Neutralität des Geldes, würde die Sicht auf die Ursachen wirtschaftlichen Handelns erschweren.
Die Verschuldung sehen die Vertreter dieser Theorie daher keineswegs als ein Übel an. Vielmehr ist sie die Grundlage für effiziente Allokations- und Innovationsleistungen, da fast alle wirtschaftlichen Transaktionen auf Schuldverträgen beruhen. Geld entsteht daher also durch benötigte Vorleistungen eines Unternehmers z.B. für Investitionen (Vorleistungen), das nur durch a) eine Sicherheitsleistung und b) einen Zins akzeptiert wird.
Eine beliebige Verlängerung des Kredits ist ausgeschlossen, da die Vermögenssicherheitsleistung bald nicht mehr genügen würde. So würde ein Verschuldungswachstum notwendig sein, um eine effiziente Angebots-Nachfrage-Koordination zuzulassen und eine Wachstumsdynamik zu erreichen. Neben den Gütermärkten geht es hier auch um sog. “Verschuldungsmärkte”, da der verschuldete Unternehmer “ein Angebot produzieren (muss), dass attraktiv genug ist, um andere in die Verschuldung zu führen. Die systemische Geldknappheit ist der Motor des produktiven Wettbewerbs um Schulddeckungsmittel. (…) Dies zwingt den Schuldner im Wettbewerb zu enormer Anstrengung im Bereich der Schaffung von Innovationsleistungen, um neue Bedürfnisse zu kultivieren und somit starke Nachfrageschübe zu erzeugen. Verschuldungswachstum ist somit keinesfalls als Krisenindikator zu verwenden.”
Den Kritikern der extremen weltweiten Verschuldung bei den Staaten oder den Haushalten halten sie daher entgegen, dass nicht das Verschuldungswachstum relevant ist, sondern die Nachhaltigkeit der Verwendung dieser Schuld. Den Gegnern des Zinssystems halten sie entgegen, dass diese einen Systemfehler vermuten, da sie die Eigentumssicherung des Geldes nicht berücksichtigen und die Symmetrie von Eigentum und Schulden übersehen.
Auch der Aussage, dass nach dem Ende des Goldstandards Geld nicht mehr durch einen Gegenwert besichert und weitgehend im Vertrauen in die geldpolitischen Entscheidungsträger begründet ist, widersprechen sie und verweisen auf den eigentumsbesicherten Kreditkontrakt und auf die Gelddefinition in der Eigentumsökonomik, indem sie Geld als “Anrecht auf Gläubigervermögen” definieren, also weniger aus einer funktionalen, sondern eher einer entstehungstheoretischen Perspektive. Geld ist in diesem Sinne ein Schulddeckungsmittel.
Zu guter Letzt muss noch auf einen zentralen Punkt in der Theorie der Eigentumsökonomik eingegangen werden: dem Zins. Die Begründung des Zinses sieht man in der sog. Eigentumsprämie und sie dient der ökonomischen Sicherheit. Er ist ein immaterieller Ertrag eines Eigentümers für unbelastetes Vermögen. Ergänzt wird diese Eigentumsprämie auf dem Kreditmarkt durch einen Aufschlag für das Ausfallrisiko und die Kosten der Refinanzierung bei der Notenbank. Die Zinsen auf dem dem Kreditmarkt nachgelagerten Kapitalmarkt, also der Zinscoupon bei Bonds beispielsweise, ergeben sich dagegen in erster Linie durch eine sog. Liquiditätsprämie, da der Schuldner bereits existierendes Geld ausleiht und die Prämie erhält, die der Gläubiger aufgibt. Gegebenenfalls erhöht sich dieser Zins durch einen Inflationsaufschlag.
Dennoch besteht aber über die Liquiditätsprämie eine Verbindung zwischen Geldmarkt (Kreditmarkt) und Kapitalmarkt. Zum einen ist der Kapitalmarkt unabhängig vom Geldmarkt nicht denkbar. Zusätzlich sind beide über die Liquiditätsprämie verbunden. So geben sowohl Schuldner als auch Gläubiger im Rahmen der Vermögensbelastung ihre Eigentumsprämie auf dem Geldmarkt auf. Dafür erhält der Schuldner die (immaterielle) Liquiditätsprämie, der Gläubiger dafür im Gegenzug Zinsen. Die Liquiditätsprämie erhält dann auf dem Kapitalmarkt der Schuldner vom Gläubiger im Tausch gegen den Zins.
Perspektiven
Die Aktualität dieser Diskussion über Geldsystem und Wirtschaftstheorie zeigen die Themen auf der Prague Conference on Political Economy im April 2006, die OIKOS-Konferenz zum nachhaltigen Geldsystem im Mai 2006 mit je einem Workshop über Geldsysteme und Komplementärwährungen sowie die diesjährige Konferenz der Evangelischen Akademie in Bad Boll am 5./6. März mit dem Titel “Tabuthema Zinsen”. Die Referenten der diesjährigen Internationalen Rohstoffmesse in München sollten dieser Problematik, wie in den vergangenen Jahren, auch in diesem Jahr große Beachtung schenken.
Thorsten Polleit, der Chefvolkswirt von Barclays Capital, selbst Kritiker der aktuell zu hohen Liquidität und “ECB-Watcher” drückte diese Aktualität wie folgt aus:
“Die Auffassung, Gold werde seine Geldfunktion nicht wiedererlangen, entstammt dem Glauben, der Papiergeldstandard, dem heute alle großen Währungen unterliegen, sei ein “sicheres” Regime. Doch es handelt sich um ein großes Experiment, dessen Ergebnis im Ungewissen liegt. Papiergeld ist ein “Schönwetter-Regime”. Dass es eine dauerhaft verlässliche Einrichtung ist, kann daher nicht als gesichert gelten. Die Notwendigkeit, künftig einmal zu einer Edelmetall- bzw. Goldbindung des Geldes zurückkehren zu müssen, kann nicht ausgeschlossen werden.”
Für die Zukunft bleibt es spannend im “Paralleluniversum” der Geldsystemkritik, denn der Hauptteil der Wissenschaft nimmt wenig an der Diskussion teil. Dazu kommt, dass sich die Anhänger der verschiedenen Strömungen der Kritik auch nicht einig sind und teilweise extrem abweichende Positionen vertreten.
Trend- und Zukunftsforscher sehen zudem das Geldmonopol des Staates bröckeln. So etwa John Naisbitt einer der zuverlässigsten seiner Zunft in der FTD vom 12. März 2007: “Die Post ist privatisiert worden, die Telekom und die Bahn. Als Nächstes sind die Währungen dran. (…) Der Durchbruch wird erfolgen, sobald wir verstehen, dass Geld – ebenso wie Autos, Kühlschränke oder Gold – eine Ware ist.”
Besonders sollten die weiteren Entwicklungen bei den Regionalwährungen beobachtet werden. So besitzt in Deutschland bald jede größere Stadt eine “Parallelwährung”. Ob deren Akzeptanz bei der Bevölkerung eine kritische Masse erreicht, bleibt abzuwarten. Gleiches gilt für Anhänger einer Krisentheorie, indem sie Edelmetalle und, durch neue Geschäftsmodelle, auch Industrierohstoffe an den verschiedensten Lagerstätten horten.
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