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Kalte Dusche für den Immobilienmarkt

Es gilt, Besonnenheit zu wahren!

Durch die erheblich gestiegenen Hypothekenzinsen ist für viele der Traum vom Eigenheim geplatzt wie eine Kaugummiblase. Die Nachfrage nach Wohnimmobilien hat bereits spürbar nachgelassen und seit Sommer fallen die Preise. Daran dürfte sich in den kommenden Monaten nichts ändern: Die Preise dürften weiter zurückgehen. Einen regelrechten Einbruch der Preise dürfte es aber nicht geben:

1. Der grundsätzliche Bedarf an Wohnungen hat in den letzten Monaten noch einmal deutlich zugenommen. Im ersten Halbjahr sind per Saldo sage und schreibe 1 Million Personen zugezogen
– davon 750 Tsd Flüchtlinge aus der Ukraine, die vorerst wohl in Deutschland bleiben werden und daher ein Dach über dem Kopf benötigen.

2. Die Hysterie um die Zinsfalle ist übertrieben. Ein Haushalt, der 2012 einen Kredit mit 10-jähriger Zinsbindung abgeschlossen hat und nun refinanzieren muss, kann bei der Anschlussfinanzierung einen Zinssatz von bis zu 6,5% verkraften. Auch für einen Haushalt, der 2017 einen Kredit mit 5-jähriger Laufzeit abgeschlossen hat, ist eine Anschlussfinanzierung unter den aktuellen Konditionen tragbar. Auch wenn es sich hier um einen durchschnittlichen Haushalt handelt, dürfte definitiv nicht die Masse zu Notverkäufen gezwungen sein. Damit gibt es von dieser Seite keine Angebotsschwemme, die die Häuserpreise einbrechen lassen könnte.

3. Auch Kapitalanleger dürften kaum ihre Immobilien auf den Markt werfen. Diese haben rückblickend stabile Erträge erzielt. In den vergangenen 50 Jahren lag die nominale Rendite bei rund 7% p.a. Abzüglich der Inflation und einem veritablen Kostensatz für Instandhaltung etc. lag der reale Total Return noch immer bei 2%. Und auch mit Blick auf die jetzige Energiekrise: Selbst nach den beiden Ölpreisschocks in den Jahren 1973 und 1979/80, in deren Gefolge die Renditen in die Knie gegangen waren, haben sich diese anschließend relativ rasch wieder erholt.

4. Das Angebot an Immobilien sinkt sogar. Bereits im vergangenen Jahr wurden mit gut 290 Tausend Einheiten rund 15 Tausend Wohnungen weniger gebaut als 2020. Auch auf absehbare Zeit zeichnet sich ein weiterer Rückgang ab. Wie viele andere Sektoren leidet die Baubranche seit Ausbruch der Pandemie unter Lieferschwierigkeiten und stark gestiegenen Kosten für Baumaterialien. Viele Bauträger setzen geplante Bauvorhaben derzeit nicht um, weil sich diese nicht länger rentieren.

Mein Fazit: Angesichts der steigenden Zinsen werden die Preise von Wohnimmobilien in den kommenden Monaten weiter moderat fallen, wobei sich die Preise für – insbesondere energieineffiziente – Bestandsimmobilien schlechter entwickeln dürften als die von Neubauten. Einen regelrechten Preiseinbruch sollte es nicht geben. Mittelfristig werden sich – wie schon nach früheren Boomphasen – die Preise wieder stabilisieren.

 

Der Autor:

Dr. Marco Wagner hat für die Commerzbank Europa und die Welt im Blick. Seit 2012 analysiert der promovierte Volkswirt dort die wirtschaftliche Entwicklung der internationalen Märkte. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung listet ihn 2015 und im Corona-Jahr 2020 als einen der “Top 100 einflussreichsten Ökonomen Deutschlands”. Das PR-Magazin zeichnete ihn 2018 als “Informativsten Experten unter Bank-Analysten” aus.

Dr. Marco Wagner

Dr. Marco Wagner hat für die Commerzbank Europa und die Welt im Blick. Seit 2012 analysiert der promovierte Volkswirt dort die wirtschaftliche Entwicklung der internationalen Märkte. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung listet ihn 2015 und im Corona-Jahr 2020 als einen der "Top 100 einflussreichsten Ökonomen Deutschlands". Das PR-Magazin zeichnete ihn 2018 als "Informativsten Experten unter Bank-Analysten" aus.

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